Chronik

Kohlhaas

nach einer Novelle Heinrich von Kleists

FREILUFTGEFANGENENTHEATER in der JVA Tegel

 

Premiere: 9. Juni 2010
Vorstellungen:
16., 18., 23.,25. und 30. Juni sowie 2. Juli 2010

Dem Pferdehändler Kohlhaas wird Unrecht getan, als er auf dem Weg zum Markt nach Leipzig in den Ländereien des Wenzel von Tronka unter dem Vorwand aufgehalten wird, er führe keinen Passierschein mit sich.

 

Der Burgherr von Tronka behält zwei der besten Pferde Kohlhaas´ sowie dessen Knecht Herse als Pfand zurück. Kohlhaas möchte den fehlenden Ausweis nachreichen, doch auf dem Amt in Dresden erfährt er, dass es dieses Papier nicht gibt. Zwischenzeitlich hat der Junker von Tronka seine Pferde durch Feldarbeit halb zu Tode geschunden.

 

Kohlhaas verlangt Entschädigung für diese Ungesetzlichkeit und schlägt den Rechtsweg ein. Obwohl er sich klar im Recht befindet, wird er von den Behörden abgewimmelt. Nachdem er trotz wiederholter Klagen auf legalem Weg kein Recht erfährt und von der Vetternwirtschaft und der Obrigkeitswillkür erbost ist, setzt Kohlhaas alles auf eine Karte: Er gibt seine Familie, seine gesellschaftliche Position und all seinen Besitz auf und nimmt das Recht in die eigene Hand. Als er trotz allem scheitert, überzieht er das Land mit Brand und Mord.

 

Heinrich von Kleist greift in seiner Novelle "Michael Kohlhaas" auf einen historischen Fall aus dem 16. Jahrhundert zurück und erzählt, wie sich ein rechtschaffender Bürger Gerechtigkeit erkämpfen will und dabei selbst die Gesetze bricht. Auf dem Gefängnishof der JVA Tegel zeigt das dreißigköpfige aufBruch-Ensemble eine Collage aus verschiedenen Bearbeitungen des Kohlhaas-Motivs und thematisiert damit auch eigene Erfahrungen mit Recht und Gerechtigkeit, Schuld und Sühne, Idealismus und Willkür.

 

Regie Peter Atanassow, Bühne Holger Syrbe, Kostüme Thomas Schuster, Dramaturgie Daniel Dumont, Jörg Mihan, Choreographie Suzann Bolick, Musikalische Einstudierung Maxi Heinicke, Produktionsleitung Sibylle Arndt, Presse-und Öffentlichkeitsarbeit Björn Pätz, Regie-Assistenz Carolin Forkel, Kostümassistenz Anne Schaper-Jesussek, Technik Falk Windmüller, Grafik Alexander Atanassow

 

Es spielt das Gefangenenensemble der JVA Tegel: Adam, Ahmed, Albert Bach, Ali El-Faour, Bobby, Ceto, Chaos, Christoph Bettinger,  Denny  Schleunung, Gino E., Hans-Georg Schwab, Horst Grimm, Ingo, Joschua, Klaus Engels, Kurt Lummert, Michael Stiska, Mike, Mister T., Paul Münch, Pitt Krafft, Sinan Demirtas, Six Pack Hansi, Vali, Volker Ullmann, Yussef

 

Eine Produktion von aufBruch in der JVA Tegel

 


Gefördert aus Mitteln des Regierenden Bürgermeisters von Berlin - Senatskanzlei - Kulturelle Angelegenheiten

Unterstützt durch JVA Tegel, Kunst & Knast e.V., Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, zitty Berlin

Video

Fotos: Thomas Aurin

Jede Art der Verwendung nur nach vorheriger Genehmigung durch aufBruch / Thomas Aurin

www.thomas-aurin.de

Pressestimmen

... Die Gespräche mit den Gefangenen nach der Aufführung wirken auf die Besucher jedenfalls ziemlich offen.

"Und, wie viele Spielzeiten werden Sie noch erleben?" Jeder Gefangene durchschaut diese Frage, aber weshalb sollte er verschweigen, wie lange er noch sitzen muss? Immerhin gerät er hier - wenn er möchte, und die meisten möchten - in Gespräche mit Menschen, die seine Arbeit würdigen. Die nicht der Meinung sind, Gefangene sollten bei Wasser und Brot in der Zelle schmoren. Das ist der kleinste gemeinsame Nenner, auf dem man sich vorsichtig für eine halbe Stunde gegenseitig annähert. Hier, in der größten Vollzugsanstalt der Republik.

"Und was machen Sie beruflich?", will eine Zuschauerin wissen. "Ich bin Drogendealer",...

 

"Und da ist die berühmte, zweihundert Jahre alte Kleist-Erzählung sicher eine der ortsspezifisch besten Textvorlagen. Ihre Geschichte um die Selbstjustiz eines ehrbaren Rosshändlers, der von einem Junker um zwei Pferde gebracht wird, und, weil der Rosshändler Recht als bloße Machtausübung nicht akzeptiert, " aus verletztem Rechtsgefühl zum Räuber und Mörder wird", überzeugt noch heute durch ihren existenziellen Zugriff. Jeder Schauspieler muss ausloten, inwiefern er sich mit Kohlhaas vergleichen will oder kann. Die Zuschauer dürfen sich als das Volk verstehen, das einem dramatischen Schicksal tatenlos zusieht."
(Süddeutsche Zeitung)

 

"Wer hätte gedacht, dass es beim sonst auf schwere Stoffe abonnierten aufBruch Gefängnistheater jemals einen Running Gag geben würde? Doch Peter Atanassows Inszenierung "Kohlhaas" nach Motiven von Heinrich von Kleists gleichnamigem Drama ist ungewohnt locker-witzig geraten, ohne den ernsten Hintergrund zu veralbern. Die schweren Jungs vom Gefangenenensemble der JVA Tegel spielen so herrlich selbstironisch, wenn sie etwa als gewiefte Landesfürsten über Täterprofile debattieren, dass sie bei der Freiluft-Premiere im Innenhof der JVA einen Szenenapplaus nach dem anderen einheimsen."

 

"... Das Bühnenbild erinnert an einen MIG-Hangar oder einen Bunker. Bevor sich das 30köpfige Ensemble als gewaltiger Gefangenenchor bewährt, bringt es die Zuschauer zum Lachen.

Was sich einbrennt, sind die Chorszenen und Choreographien, mit Abstand das Schwierigste in der Schauspielarbeit. Seitenweise werden Kleist und Co. chorisch skandiert. Immer wieder gehen Gruppen aufeinander los, minutenlang werden Fäuste im Takt geschwungen. Six-Pack-Hansi, Chaos, Ceto, Denny, Klaus, Horst, Pitt, Yussuf, Vali, Ahmed und die anderen sind von Regisseur Peter Atanassow ohne Frage zu einem Kollektiv getrimmt worden..."
(Junge Welt)

 

"Das Gefangenentheater Aufbruch zettelt mal wieder eine Rebellion an. Dieses Mal greift die Truppe um den Regisseur Peter Atanassow dabei auf den bürgerlichen Trotzkopf Michael Kohlhaas zurück..."
(Neues Deutschland, zum online-Artikel)

 

 

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Spielort:
JVA Tegel (Freistundenhof)
Seidelstr. 39 / Tor 2
13507 Berlin
BVG-Anfahrt: U-Bahn-Linie 6 Otisstr.
/ Holzhauser Str.

 

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