Workshops

BÜNDNIS BÜHNE: Theater 1.0

Theaterworkshop im Jugendstrafvollzug

im Rahmen des ASSITEJ-Förderprogramms „Wege ins Theater“ und des Bundesprogramms „Kultur macht stark - Bündnisse für Bildung“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).

 

Zeitraum: März 2015

Im März 2015 erhielten jugendliche Insassen der Jugendstrafanstalt Berlin Gelegenheit, das Medium Theater kennenzulernen. In abwechslungsreichen Arbeitseinheiten wurden ihnen an zehn Nachmittagen unterschiedliche Fähigkeiten vermittelt, die im Theaterbereich relevant sein können: Bewegungs- und Tanztechniken, Stimm- und Chorübungen, szenisches Spiel, Improvisation und selbstständige Formulierung von persönlichen Gedanken und biographischen Texten in Schreibworkshops.

Um das Programm für die Teilnehmer interessant und vielschichtig zu gestalten, wurden während des Workshop-Programms stets unterschiedliche mediale Arbeitsaufgaben (Tanz und Video, Musik und Schauspiel, Dramaturgie und Technik) angeboten.
Durch die intensive künstlerische Auseinandersetzung erweiterten die teilnehmenden jugendlichen Inhaftierten im Projektverlauf nicht nur ihre interkulturellen Perspektiven und persönlichen Interessen, sondern entwickelten im Umgang miteinander auch grundlegende Sozialkompetenzen: Teamfähigkeit, Verbindlichkeit, Zuverlässigkeit und Disziplin sowie Konflikt- und Kommunikationsfähigkeit.
Darüber hinaus erzielten die Teilnehmer durch intensive Körperarbeit, Stimmtraining und Erfolge auf der Theaterbühne Selbstsicherheit, -wertgefühl und –vertrauen.

Angeleitet wurden die Inhaftierten von erfahrenen Künstlerlnnen aus dem Bereich Theater, Musik, Film und Tanz. Fachlich unterstützt wurden die DozentInnen von Studierenden der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin, die den Workshop begleiteten und auswerteten.
Die erlernten Fertigkeiten wurden 15.03.2015 im Rahmen einer internen Präsentation vor ausgewählten externen Gästen und AnstaltsmitarbeiterInnen im Mehrzwecksaal der JSA Berlin gezeigt.


Gefördert im Rahmen des ASSITEJ-Förderprogramms „Wege ins Theater“ im Rahmen des Bundesprogramms „Kultur macht stark - Bündnisse für Bildung“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).

Unterstützt durch die Jugendstrafanstalt Berlin und die Katholische Hochschule für Sozialwesen Berlin.

 

 

Enstandene Texte (Auswahl)

Im Rahmen von Schreibworkshops setzten sich die Insassen sehr ehrlich und sehr persönlich
mit ihrer Lebenssituation und ihren Erlebnissen vor ihrer Inhaftierung auseinander.


THEMA: Wer ist schuld?

Die Umgebung. Man hängt mit Leuten ab, die etwas älter sind und von denen guckt man ab. Zum Beispiel: Ich war 13 Jahre alt, ging immer auf den Fußballplatz mit Freunden, die etwas älter waren, 16-17 Jahre, bis eines Tages einer von denen mit Joint auf dem Platz erschienen ist. Die haben sich abgesprochen und die etwas Älteren, so 2 bis 3 Jahre älter, haben sie mitgenommen zum Friedhof, um den ersten Joint zu rauchen. Ich ging erst mal nicht mit. Es ging tagelang, sie haben es geheim gemacht, bis ich dahinter gekommen bin, um was es geht, und mitlief zum Friedhof , um auch zu rauchen, den Joint. Daraufhin meinten meine Freunde, da die meinen älteren Bruder kannten, das würden sie nicht mit mir machen, ich wäre zu jung. Dann habe ich gedacht, dass mein Bruder selber nicht gerade läuft und selber Scheiße baut, ist ja nix dabei, zu rauchen. Dann habe ich beim Friedhof geraucht. Dann habe ich weitergeraucht. Zuerst kam immer das Zeug. Irgendwann sollte ich selber zahlen. Taschengeld reichte nicht aus. Dann bin ich kriminell geworden, das macht man einfach für das Ziel. Es ist schwer zu sagen, wer in diesem Fall Schuld ist. Eigentlich ich – die Freunde haben mich abgehalten. Aber mein Bruder auch, weil er mein Vorbild war. Irgendwann haben wir zusammen einen geraucht und wurden kriminell zusammen.


Schuld an was? Dass ich Drogen konsumiere?
Die Eltern sind nicht schuld, die haben alles richtig gemacht, waren immer da und so.
Die Lehrer waren auch nicht schuld, die Lehrer haben immer mit mir geredet und wollten mir auf den geraden Weg verhelfen.
Ich war eigentlich immer auf dem geraden Weg, oder auf der Kippe, sagen wir mal so. Aber ich habe trotzdem viel Stress gehabt, war nicht immer einfach zuhause. Irgendwann kam die Zeit, man fing an die Schule zu schwänzen, Drogen zu nehmen – und was braucht man für Drogen? – GELD!
Also wer ist schuld?
Die Drogendealer sind auch nicht schuld. Die Drogen selber sind schuld, weil die dich auf einen falschen Weg bringen.


Weißt du was ich wirklich bereue? Dass ich nie englisch gelernt habe. Und wer ist daran schuld? Eigentlich ich selbst. Die Lehrer sind aber auch schuld.
Ich höre gerne HipHop Musik aber verstehe nichts.
In Mathe war ich gut und Erdkunde stabil.
Ich hab mich für Englisch einfach nicht interessiert. Im Libanon, als ich 10 war, habe alle gesagt ich brauche es, aber ich habe es nicht geglaubt.
Mittlerweile ist mein kleiner Bruder besser als ich. Ich schäme mich dafür.

Reflektionen (Auswahl)

Im Anschluss an die Workshops erhielten alle Beteiligten die Möglichkeit, sich im Rahmen von
 moderierten Gruppengesprächen über ihre Erfahrungen im Projekt auszutauschen.


FRAGE: Was hast du bei unserem Workshop gelernt?

T.: Geduld. Geduld ist das A und O. Ich sehe wo meine Grenze ist, kann jetzt Sachen besser aushalten, nicht sofort ausrasten.


FRAGE: Hast du Sachen beim Theater gemacht, die du bisher noch nie gemacht hast in deinem Leben?

E.: Die Rollenspiele, das habe ich noch nie vorher gemacht. Dann das Einsprechen, habe ich auch vorher noch nie gemacht, etwas für die Stimme zu tun. In so einer großen Gruppe habe ich auch noch nie gearbeitet. Manchmal, wenn es laut ist, ist es schwer. Man lenkt sich ab. Aber im Endeffekt klappt es auch.


FRAGE: Hast du etwas bei dem Workshop gezeigt, was du vorher noch nicht von dir kanntest?

M.: Ja, ich bin eigentlich einer, der sich nicht so traut vor Menschen groß zu reden und Theater zu spielen. Ich hätte nicht gedacht, dass ich das mache. Aber die Gruppe war gut, wir haben uns alle gut verstanden. Da gab es gar keinen Scham. Hat Spaß gemacht.


FRAGE: Wenn du für dich entscheidest ein Projekt durchzuziehen, bleibst du dann dabei?

A.: Nein, nicht immer. Liegt an den Leuten, die für mich da sind. Die mich motivieren. Aber wenn keiner da ist, dann weiß ich mit mir selbst nichts anzufangen. Ich will spielen. Ich will eigentlich immer Theater spielen.

Fotos: aufBruch

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Ort:
JSA Berlin (Kultursaal)
Friedrich-Olbricht-Damm 40 - Pforte 3
13627 Berlin

 

Anfahrt:
S-Bahn Beusselstraße
Bus 123 Friedrich-Olbricht-Damm/Heckerdamm

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