Workshops

BÜNDNIS BÜHNE: Theater 3.0

Theaterworkshop im Jugendstrafvollzug

im Rahmen des ASSITEJ-Förderprogramms „Wege ins Theater“ und des Bundesprogramms „Kultur macht stark - Bündnisse für Bildung“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).

 

Zeitraum: Februar - April 2017

Von Ende Februar bis Anfang April 2017 erhielten jugendliche Inhaftierte der JSA Berlin Gelegenheit, an einem zehntägigen Theaterworkshop teilzunehmen. Der Workshop wurde bereits zum dritten Mal in Folge in der JSA Berlin angeboten und erfuhr rege Beteiligung und Interesse.

Ziel des Workshops war es, den jugendlichen Insassen der JSA einen ersten Einblick in die Potentiale und Möglichkeiten zu geben, die das Medium "Theater" für die Entfaltung der eigenen Persönlichkeit und die Entdeckung eigener kreativer Talente bieten kann. In spielerischen Arbeitseinheiten wurden Grundkenntnisse der Theaterarbeit vermittelt und auf der Bühne ausprobiert: Stimm- und Chorübungen, szenisches Spiel, Improvisation, Choreographie sowie selbstständige Formulierung von persönlichen Gedanken im Rahmen von Schreibübungen und das Agieren vor der Kamera.

Aufgrund der Vielfalt des Angebots an unterschiedlichen kreativen Arbeitsfeldern fiel es den Teil-nehmern leicht, ihre persönlichen Talente einzubringen und hierbei ihre Stärken zu entdecken und auszubauen. Zudem wurde in den Workshop-Einheiten großer Wert auf Teamarbeit gelegt, damit die Teilnehmer lernen, Vertrauen dem Arbeitspartner gegenüber aufzubauen und sich in der Gruppe kollegial einzubringen. Hierdurch entwickelten sie im Umgang miteinander grundlegende Sozial-kompetenzen und steigerten durch das künstlerische Agieren auf der Theaterbühne zusätzlich auch die eigene Selbstsicherheit, entwickelten Mut und Selbstvertrauen.

Durchgeführt wurde der Workshop von erfahrenen Künstlerlnnen aus dem Bereich Theater, Musik und Film. Fachlich unterstützt wurden die DozentInnen von Studierenden der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin, die den Workshop begleiteten und auswerteten.

Als Projektabschluss und –höhepunkt stellten die Teilnehmenden das Erlernte im Rahmen einer internen Präsentation vor ausgewählten externen Gästen und AnstaltsmitarbeiterInnen Anfang April 2017 im Mehrzwecksaal der JSA Berlin vor.

Gefördert im Rahmen des ASSITEJ-Förderprogramms „Wege ins Theater“ im Rahmen des Bundesprogramms „Kultur macht stark - Bündnisse für Bildung“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).

Unterstützt durch die Jugendstrafanstalt Berlin und die Katholische Hochschule für Sozialwesen Berlin.

 

 

Enstandene Texte (Auswahl)

IMPROVISATIONEN ZU KONFLIKTEN

 
Im Rahmen von improvisierten, selbst entwickelten Spielszenen erhielten die Teilnehmer auf der
Theaterbühne die Möglichkeit, ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen und sich kreativ auszudrücken.

 

Konflikt im Park

 
Penner sitzt auf der Bank. Eine Dame kommt und stupst ihn mit ihrem Regenschirm an.

 

Penner:  He, was soll das? Kann man nicht mal seine Ruhe haben?
Dame:  Gehen Sie mal weg von dieser Bank. Sie verpesten hier den ganzen Park.
Penner:  Nein, bestimmt nicht. Das ist meine Bank seit 15 Jahren.
Dame:  Gehen Sie weg hier.
Penner:  Nein, das ist ein öffentlicher Park, ich darf hier sitzen.
Dame:  Hören Sie mal, ich zahl hier Steuern, ich will mich auf diese Bank setzen.
Penner:  Kannst dich ja zu mir setzen. So dick bist du ja nicht.
Dame:  Jetzt wirst du auch noch frech.
Penner:  He, Pfoten weg.
Dame:  Ich kann dir Geld geben.
Penner:  Ich will kein Geld.
Dame:  Dann kannst du dich wieder mal waschen, was zu essen holen.
Penner:  Nein.
Dame:  Ich gebe dir 150 Euro.
Penner:  Ich will 500 Euro.
Dame:  Bestimmt nicht.

 

Die Dame schubst ihn von der Bank.

 

Penner: He, was soll das, ich ruf meinen Anwalt an.

 

 

SCHREIBWERKSTATT

 

Neben der szenisch-improvisatorischen Arbeit lag ein weiterer Schwerpunkt des Workshops auf dem
Kreativen Schreiben. Hierbei setzten sich die Teilnehmer mit verschiedenen Fragestellungen auseinander.

 

FRAGE: Wer ist für dich ein Held?

V.: Das Leben und seine Helden. Man sagt, dass jeder Mensch im Leben einen Helden hat, einen Menschen, den man bewundert, so wie er sein möchte. Auf die Frage: Wer ist für dich ein Held? fällt mir nur eine andere Frage ein: Was macht einen Menschen zum Helden? Was muss ein Mensch tun, damit er ein Held wird? Ist nicht eigentlich jeder Mensch ein Held? Muss ein Mensch sein Leben opfern für das eines anderen, um ein Held zu sein? Wie viele Leben muss man retten, um ein Held zu sein? Ist ein Held von Geburt an ein Held, wird er zum Helden geboren? Kann man das erben? Muss ein Held immer gut sein? Was, wenn er böse ist? Mit schlechten Taten aber trotzdem Gutes tun kann? Das ist die große Frage: Was macht einen Helden zum Helden?

FRAGE: Mein letzter Tag in Freiheit

E.: An dem letzten Tag bevor ich für lange Zeit in den Knast müsste würde ich all meine Onkel, Tanten und Cousins zu uns nach Hause einladen und einen schönen Tag verbringen. Ich würde viele Fotos machen und so viel von dem Essen meiner Mutter und meiner Schwestern essen wie ich kann. Ich würde den ganzen Tag nur mit meiner Familie bei uns zu Hause sein, damit ich es so lange wie möglich in Erinnerung habe.

FRAGE: Gibt es Taten ohne Grund?

J.: Er und seine Freunde liefen durch die Stadt. Es war ruhig. Autos waren an der Seite geparkt. Es war wenig Verkehr auf den Straßen und man lief auf dem Gehweg, bis einer der Jungs anfing, von den Autos, die umherstanden, die Seitenspiegel abzuschlagen. Ein anderer fing an, die Fenster zu zerschlagen, ein anderer stach die Reifen platt. Und so ging es die Straße entlang. Beim siebten Auto rannten sie weg, weil jemand die Polizei angerufen hatte. Die Jungs konnten fliehen. Sie trafen sich in einem Café und lachten, weil keiner erwischt wurde. Der eine Freund fragte ihn dann, warum er denn die Seitenspiegel runtergeschlagen hat. Er sagte, die Frage sei doch eher, warum sie alle so übertrieben hätten. Und die Antwort war: Ich weiß es nicht!
O.: Ich bin hier im Knast und das seit zwei Jahren. Jetzt bin ich in einem Theaterprojekt verwickelt und soll über etwas schreiben, was ich mal in meinem Leben getan habe, was grundlos war. Doch ich finde nichts, weil ich der Meinung bin und glaube, dass alles was ich getan habe einen Grund hatte. Jetzt schreibe ich aber ohne Grund.

 

zurück

Ort:
JSA Berlin (Kultursaal)
Friedrich-Olbricht-Damm 40 - Pforte 3
13627 Berlin

 

Anfahrt:
S-Bahn Beusselstraße
Bus 123 Friedrich-Olbricht-Damm/Heckerdamm

Zurück